Monopole im medienindustriellen Komplex? Verwertungsgesellschaften gestern, heute, morgen: So lautet der Titel eines Online-Symposiums, das am Freitag, 24. September 2021, ab 13 Uhr stattfindet.
Nächste Woche gebe ich im Rahmen des diesjährigen Pop-Kultur-Festivals einen Workshop zum Thema: „Was haben Podcasts mit Lizenzierung und Verwertungsgesellschaften zu tun?“ – selbstverständlich online. 😉
Im Internet gibt es viele Möglichkeiten, sich kreativ auszudrücken und Arbeiten mit anderen zu teilen, zum Beispiel Podcasts und Blogs oder Fotos und Streams auf Plattformen wie etwa Youtube, Instagram oder TikTok. Doch es gibt auch Fallstricke, viele davon haben mit dem Urheberrecht zu tun: Oftmals sind die Grenzen zwischen Veröffentlichung, Verwertung und Verletzung von Rechten Dritter fließend. Im Workshop stellt Georg Fischer die wichtigsten Konzepte des Urheberrechts wie Werk, Urheber*in oder Schöpfungshöhe vor. Danach zeigt Georg Fischer am Beispiel Podcasts, wie Lizenzierung funktioniert und was Verwertungsgesellschaften damit zu tun haben.
In der aktuellen Ausgabe der GEMA-eigenen Zeitschrift (04/2017), die den wundervollen Titel „virtuos“ trägt, finden sich auch die Charts des Jahres 2016. Darunter sind die im Jahr 2016 am meisten gespielten und abgerufenen Songs in den Kategorien Streaming, Radio, Tonträger, Live, Downloads und Diskotheken (S. 11-17) aufgeschlüsselt, so wie sie von der GEMA bzw. von deren Partnerfirmen (z. B. Yacast) ermittelt wurden. Besonders gerne scheint die GEMA ihre Charts nicht veröffentlichen zu wollen, denn ich konnte zum Vergleich nur noch die vom Vorjahr 2015 im Netz finden.
Ziemlich genau vor 2 Jahren recherchierte ich für iRights.info zu der Frage, nach welchen Modalitäten die GEMA eigentlich Diskotheken und Clubs monitoriert und entsprechend an die gespielten Künstler:innen ausschüttet. Schon damals merkte ich, dass diese Informationen teilweise nicht öffentlich gemacht werden: Zwar wird angegeben, dass etwa 5000 Tanzflächen in Deutschland in der Rechnung miteinbezogen sind, es wird wird aber nur Stichproben-artig gemessen, was gespielt wird: Laut einem aktuellen GEMA-Papier wird pro Diskothek nur 1 Stunde pro Woche mitgeschnitten — wieviele und welche Diskotheken mit den sogenannten „Black Boxes“ ausgestattet sind, die die Musik identifizieren, wird in diesem Papier aber nicht aufgelistet. Vor 2 Jahren waren es um die 120. Die Namen der Diskos bleiben ebenfalls unter Verschluss, um Manipulationen vorzubeugen; genauso wenig ist ersichtlich, zu welchen Zeitpunkten mitgeschnitten wird. So richtig nachvollziehen lässt sich also nicht, ob die Stichproben überhaupt die Grundgesamtheit repräsentieren. Laut GEMA wird das Verfahren aber vor allem aus Kostengründen beibehalten.
erade für Remix- und Sampling-basierte Musik, die oftmals wegen Lizenzschwierigkeiten nicht auf großen Labels erscheint und daher auch nicht in der Abrechnung vorkommen kann, ist es natürlich ein strukturelles Problem. Denn die jeweligen Künstler:innen, deren Musik gespielt wird, können nicht vergütet werden, sowohl die sampelnden wie auch die gesampelten.
Was mich dann aber doch sehr überrascht hat, ist wie mainstreamig die Top 10 der Diskotheken-Charts doch sind. Die anderen GEMA-Charts sind es auch, aber das hat mich nicht verwundert, weil es ja um die Mainstream-Pop geht. Bei den Diskotheken hätte ich aber den ein oder anderen Underground-Track erwartet. Um sich ein besseres Bild davon machen zu können, hab ich mal die jeweiligen Youtube-Links herausgesucht. Viel Vergnügen.
Diese Zeile sang Jan Delay vor ein paar Jahren mal, und auch die Toten Hosen (bzw. ihre Fans) hatten wegen der CDU mal so ein Problem. Aktuell geht es aber um den Fall des Musikers Kai Niemann, der 2009 ein Stück mit dem Titel „Wir sind das Volk“ schrieb, das die Pegida mittlerweile auf ihren Veranstaltungen spielt.
Die Süddeutsche Zeitung hat nun mal den Münchner Medienanwalt Konstantin Wegner befragt, was sich da machen lässt. Die Antwort heißt, nicht den Umweg über die GEMA zu gehen, die da als Verwertungsgesellschaft da nämlich nix machen kann, sondern sich als Autor auf das Urheberpersönlichkeitsrecht zu beziehen. So kann geprüft werden, ob es sich um einen entstellenden Eingriff handelt, der „indirekt“, also nicht am Werk selbst, sondern durch dessen Re-Kontextualisierung entsteht. Konstantin Wegner führt da das Beispiel der Band Springtoifel an:
Die Band Springtoifel hat 1992 einen Prozess gegen ein Label geführt, das zwei ihrer Songs ohne ihr Wissen für einen Sampler benutzt hatte, auf dem auch neonazistische Bands vertreten waren. Das Oberlandesgericht Frankfurt urteilte, das sei ein indirekter Eingriff in das Werk der Band. Das wurde zur Musterentscheidung für entsprechende Fälle. Natürlich ist es nicht immer eindeutig, ob es ein schwerwiegender Eingriff ist, aber dass Niemann keine Handhabe hätte, stimmt so nicht, wenn’s ihm ernst damit ist, könnte er es versuchen.
Trotzdem hat die GEMA bei der ganzen Angelegenheit eine Funktion, genauer gesagt geht es um den „Abschlusszwang“. Das bedeutet, dass die GEMA das Stück lizensieren muss, wenn Pegida einen entsprechenden Antrag für eine Aufführung bei einer Demonstration stellt. Die Situation für politische Umgebungen ist in der USA übrigens anders:
In den USA untersagen bei jeder Wahl neue Popstars den Republikanern, ihre Songs zu benutzen. Berufen die sich auch auf das Entstellungsverbot?
Nein. Amerika hat ein sehr viel ökonomischeres Verständnis des Urheberrechts und sieht es mehr als Wirtschaftsgut. Die Urheberpersönlichkeitsrechte sind schwächer ausgeprägt. Dafür kann aber vereinfacht gesprochen der Musiker in den USA die Aufführung aufgrund seiner Verwertungsrechte verbieten lassen, während das in Deutschland aufgrund des Abschlusszwangs der Gema so nicht möglich ist.
Bei iRights.info, dem Onlinemagazin für „Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt“, ist vor kurzem ein Artikel von mir erschienen. In dem Text beschäftige ich mich mit dem Problem der Verwertung, das Sampling-basierte Musik bei Verwertungsgesellschaften wie GEMA und GVL auslöst: Einerseits sind Remixes, Edits, Mashups, etc. extrem wichtig für die Clubkultur, andererseits sind sie aus verschiedenen Gründen nur ungenügend über das Diskotheken-Monitoring der GEMA und die pauschale Ausschüttung der GVL verwertbar. Die urheberrechtlichen Probleme der Lizensierung und des Sample-Clearings verschleppen sich dadurch zu einem verwertungstechnischen Problem. Hier lassen sich die Einzelheiten nachlesen.
Das Foto (aus dem Artikel und dieses hier im Blog) ist übrigens ein Ausschnitt aus David Schwertgens sehr empfehlenswerter Remix-Doku „Collage Culturel“, die in drei Teilen bei Arte lief und jetzt auf Vimeo angesehen werden kann. David Schwertgen besucht in der zweiten Folge den DJ und Produzenten Shir Khan (passenderweise heißt dessen Label auch noch „Exploited Records„) und befragt ihn zu Remixes, DJing und Copyrights. Das Interview gibt’s hier auch als Textfassung.