Sample Music Festival 2015 für Turntablism, Controllerism und Music Production, 10. und 11. Oktober 2015 in Berlin


Sample Music Festival

 

Vor kurzem ist beim FACT-Magazin ein spannender Artikel über die Geschichte des Scratchings erschienen, das dessen Wurzeln zu einigen bekannten und weniger bekannten Künstlern zurückverfolgt. Passend zu dieser Thematik findet am 1o. und 11. Oktober 2015 in Berlin das erste Sample Music Festival statt, das einige vielversprechende Workshops, Vorträge und natürlich Performances aus dem Bereich DJing, Turntablism, Controllerism, Scratching, Music Production etc. bietet. Das Festival wird organisiert von Alexander Sonnenfeld, der in einem kleinen Interview über die Idee des Festivals Auskunft gibt und uns erklärt, was uns als Besucher alles erwartet.

 

Georg Fischer: Das erste Sample Music Festival steht vor der Tür. Was erwartet uns als Besucher?

Alex SonnenfeldAlexander Sonnenfeld: Es ist das erste Festival für Turntablism, Controllerism und Music Production, für das wir einige der weltbesten DJs und Sample Artists gewinnen konnten. Wir bieten kostenfreie Workshops über digital DJing, Controllerism, Finger Drumming, Sampling, Mixing & Recording, und mehr. Mit dabei sind zum Beispiel Eskei83, Produktspezialisten von Native Instruments, Gibson Pro Audio, Tascam oder DJ Techtools. Daneben gibt es auch wissenschaftliche Vorträge über Turntablism, Analysen über DJ Performacnce, Musiktheorie für Scratching und Finger Drumming. Es gibt jede Menge Wissenswertes und Spannendes zu entdecken. Es ist ein Festival für Musiknerds, die an Turntables, DAWS und Controllern arbeiten und natürlich auch für alle anderen, die sich dafür interessieren und gute Musik hören und erleben wollen. Dafür bieten wir auch ein Open Stage für alle. Dort werden auch DJs unter anderem aus Russland, UK und Deutschland auftreten. Übernachtungen können im Generator Hostel PRZLBG gebucht werden. Mit dem Buchungscode SAMPLE2015 kann man sich einen Festivalrabatt holen und wir machen dort eine Warmup Party am 9.10.

Wie bist Du dazu gekommen, eine solche Veranstaltung mit Workshops, Perfomances und Lectures auf die Beine zu stellen?

Es gibt bisher nichts vergleichbares und ich will diesen Kunstformen eine Plattform bieten. In Musikhochschulen werden diese Formen des Musizierens bisher nicht gelehrt. Fast alles passiert auf Youtube oder anderen Stellen im Netz… das muss geändert werden! Das Sample Music Festival ist der erste Schritt diese neuen Formen des Musizierens mehr aus dem wissenschaftlichen Standpunkt zu betrachten.

Du selbst hast auch mit Karlheinz Stockhausen, dem weltbekannten Komponisten im Bereich der Neuen Musik zu tun gehabt. Was hat Stockhausen und Musiktheorie mit Turntableism und Sampling zu tun?

Die Geschichte von Scratching, Sampling, DJing geht bis in die 1950iger Jahre zurück, wie man auch an der Kunstbewegung der Musique concrete. Damals wurde zwar vorwiegend mit Tonbändern gearbeitet, nicht nur mit Platten. Die Idee ist aber genau dieselbe und zeigt dass DJing und Scratching ihren Ursprung eigentlich noch viel früher hatten als bisher angenommen. Stockhausen war begeistert von Turntablism, da es eine spielerische Weiterentwicklung der Musique concrete ist. Ich habe ihn angeschrieben, um meine Musiktheorie (Notation) für Turntablism vorzustellen. Er hat eingewilligt und nach meinem Vortrag bei ihm hat er mich über viele Jahre in meiner Forschung weiterhin begleitet, bis er 2007 starb.

Denkst Du, dass Turntablism und Sampling in Deutschland als künstlerische Praktiken immer noch nur belächelt werden oder hat sich die Situation geändert?

Es muss mehr passieren als einfaches „Yo“ oder „Was geht ab“ Gescratche. Es muss musikalisch genutzt werden und darf nicht zu einer spektakulären Sportart verkommen, die vielleicht in den ersten 5 Minuten spannend aussieht, aber dann nur noch gleich klingt. Es ist genau dasselbe wie mit Hiphop oder Breakdance: wichtig ist, dass sich die Kunstform weiterentwickelt und ein wichtiger Schritt dahin ist Musiktheorie und Wissen darüber, wie man das instrument nutzen kann. Das Sample Music Festival soll eine Schnittstelle bilden, um diese Idee transparenter zu machen und auch Akademiker und Musiker aus anderen Bereichen dazu einzuladen, um sich zu informieren. Musikgeschichtlich sind wir noch in Kinderschuhen, aber die Bedeutung von DJing, Controllerism und Music Production in der heutigen Musikkultur ist unbestreitbar.

Es wird auch einen Contest geben – wie kann man da mitmachen und was kann man einreichen?

Das Motto des Sample Music Festival Online Contest 2015 lautet: „Schnapp Dir einen Sample und sei kreativ damit – Du hast 3 Minuten!“ In drei verschiedenen Kategorien (Turntablism / Controllerism / Music Production) suchen wir die interessantesten Beiträge und honorieren diese mit attraktiven Preisen. Der französische Produzent -Le Jad- hat hierfür ein exklusives Sample Paket erschaffen, welches ihr frei downloaden könnt. Jedoch über eine kleine Spende würde sich der Künstler auch freuen. Das Paket beinhaltet mehr als 400 verschiedene Samples: Drums, Töne, Bässe, Subs, Piano, Loops, verrückte Sounds + 11 skipless Loops für Routines & Beatjuggling. Für Scratching sind Beats (jedoch nicht die Scratch-Samples) von anderen Produzenten erlaubt. Jedoch muss der Produzent bzw. Looper im Videotext bitte zusätzlich erwähnt werden.

Ladet das fertige Video oder Audiofile auf Youtube, Vimeo, Soundcloud oder Facebook, und schickt diesen Link an: contest@samplemusicfestival.com. Der Hashtag lautet #smf2015contest. Schreibt in den Betreff, für welche Kategorie Ihr Euch bewerben wollt (Turntablism oder Controllerism oder Music Production). Eine professionelle Jury, bestehend aus Künstlern des Sample Music Festivals wird die Einsendungen bewerten. Die besten Videos werden auf der SMF Fanpage gepostet und zusätzlich sind Kommentare und Likes wichtige Indikatoren um die Gewinner zu ermitteln.

Einsendeschluss ist der 11.10.2015.

Preise „Turntablism“

1. Platz „Stanton STR8.150 & Stanton DJ Pro 3000“ www.stantondj.com

2. Platz „Magma Riot Backpack www.magma-bags.com & Ortofon Concorde Twin Pack www.ortofon.com

Preise „Controllerism“

1. Platz NI „Maschine“ (black) www.native-instruments.com

2. Platz KRK „Rokit RP5G3“ www.krksys.com

Preise „Music Production“

1. Platz „Reloop Keypad“ www.reloop.com & Tascam „DR-05“ www.tascam.eu

2. Platz „Cerwing Vega XD-4“ www.cerwinvega.com

 

 

Inside/out in der DJ-Booth

Inside/out in der DJ-Booth

Grafik von Johanna Fleischer

„Werft Eure Hände in die Luft…“

Bisweilen lässt sich bei Open Air Parties mit Techno-Musik, die sich im Berliner Sommer besonders gut in freier Wildbahn studieren lassen, ein außergewöhnlicher Moment beobachten. Ich meine diesen besonderen Moment, wenn die Sound hungrige Crowd, auch wenn sie sich bereits seit Stunden auf der Tanzfläche als kollektive „Wunschmaschine“ (Deleuze/Guattari) verausgabt hat, immer noch nach mehr giert. Denn sie ist in einem besonderen Zustand, vielleicht auch von einem anderen Stern. Gewöhnt an die stundenlange Tanzerei auf den immer gleichen „Four-to-the-floor“-Rhythmus und vermutlich mittlerweise auch zu zwei Dritteln taub, fordert die Menge nach mehr. Mehr Lautstärke, mehr Bass, mehr Sound, mehr von dem großen Gemeinschaftsgefühl, wenn der Beat erneut reinknallt und alle zum Jubeln die Hände in die Luft schmeißen. Doch was sollen die DJs hinter den Decks tun, die die Potis am Mischpult, den ständigen Forderungen nachgebend, bereits zum Anschlag aufgedreht haben, die Anlage bereits am Limit ihrer Leitsung arbeitet? In vielen Fällen versuchen die Techniker oder Organisatoren noch mehr aus dem Verstärker und den Boxen rauszuholen oder bemühen sich anderer Tuning-Tricks. Doch eines lässt sich heutzutage eher selten beobachten: dass der DJ die ihm zur Verfügung stehenden Monitorboxen – die eigentlich nur für ihn aufgestellt wurden, dass er auch präzise und ungestört vom Geschrei der Meute hören kann – dass er diese seine Monitorboxen in Richtung Tanzfläche dreht, um die Crowd an der Lautstärke „seiner“ Musik teilhaben zu lassen. Wenn es eine gute Party ist, sie sich also dadurch auszeichnet, dass immer mehr gewollt wird, dass es nicht genug sein kann, dann wird dieser Moment von extatischem Jubel und affirmativem Gepfeife begleitet und kann der Feier nochmal zu neuem Schwung verhelfen.

„…und fangt sie wieder auf!“ (5 Sterne Deluxe)

Warum ist das alles aber bemerkenswert? Klar, es ist eine Randnotiz zu einer kleinen Beobachtung, aber manchmal sind die kleinen Außergewöhnlichkeiten ja die besten Indikatoren, um das Gewöhnliche zu bestimmen. Wie gesagt, im Normalfall und je nachdem, wie improvisiert so eine Open Air Party ist, wird das Setup zwischen den Boxen für’s Publikum und den Monitorboxen für die Künstler getrennt. Sean Nye, ein Musikwissenschaftler aus den USA, hat diese Kultur der separierten DJ-Booth genauer untersucht. Er machte die interessante Feststellung, dass das Tragen von Kopfhörern bei DJs und das damit verbundene, exklusive (Vor-)Hören der Musik, zu einer besonderen, auch räumlich separierten Stellung des DJs beiträgt. Der DJ muss die Musik, die er spielen will, normalerweise auf seinem Kopfhörer vorhören, um die Stücke für den Mix in Geschwindigkeit und Klang anzugleichen. Das kann er nur, wenn er weiß, was im nächsten Stücken passiert. Beim Übergang selbst überprüft er gleichzeitig, ob sein angedachter Mix sich auch tatsächlich so anhört, wie er sich das vorgestellt hat. Durch das präzise auditive Abgleichen mithilfe der Monitorboxen kann er flink korrigieren und den Mix vollziehen. Der Kopfhörer, der räumlich markierte Bereich hinter den Decks, der separate Bereich durch die Monitorboxen und manch andere Dekorationsdetails stellen den exklusiven Bereich des DJs sicher und leisten damit ihren Beitrag für das Gelingen der Musik. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn die Meute jubelt, dass ihnen die Monitorboxen zugedreht werden und es dadurch wieder etwas lauter wird. Der DJ hat sich dafür entschieden, auf ein bisschen seiner Exklusivität zu verzichten, zugunsten eines weiteren Partyschubs, indem er für das maschinelle Verhältnis zwischen Musik, DJ und Tanzfläche ein weiteres Scheit in den Ofen wirft.

Referenzen:

  • Deleuze, Gilles/Guattari, Felix (1997): 1000 Plateaus. Übersetzt von G. Ricke und R. Voullie. Berlin: Merve.
  • Eshun, Kodwo (1999): Heller als die Sonne. Übersetzt von D. Dath. Berlin: ID-Verlag.
  • Nye, Sean (2011): Headphone-Headset-Jetset. DJ Culture, Mobility and Science Fictions of Listening in: Dancecult: Journal of Electronic Dance Music Culture 3(1): S. 64–96. Online.
  • Poschardt, Ulf (1997): DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt.

Dies ist eine geringfügig veränderte Version des Textes, der ursprünglich im 2. Printmag des Circus Homo Novus‘ erschienen ist. Weitere Infos und Bezugsmöglichkeiten für das „CMAG 2“ gibt es unter folgendem Link

 

Mundgerechtes Sampling Pleasure

2011-02-18

Der DJ vom Stuttgarter Freundeskreis, DJ Friction (übrigens nicht zu verwechseln mit dem britischen DJ Friction, der Drum’n’Bass auflegt) hat eine nette Reihe am Start, die sich durch sämtliche gesampelte und sampelnde Musikgenres mixt. Freunde von Originalsamples aus Funk, Soul, Disco, Boogie, HipHop und Breaks kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten.

Here we go…

 

Samplemania Vol 1

Samplemania Vol 2

Samplemania Vol 3

Und weil der Herr Geschmack und Skillz hat, hier gleich noch Vol. 1 von „Samplebreaks“. Sogar sehr aktuell, da vom Januar 2011.

Soll sich ja keiner beschweren, er wisse nicht was zu tun an diesem Wochenende. Bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, dass es einen sehr coolen Mix von whosampled.com namens „Celebration of Curation“ sowie natürlich die Samplepedia von Dejoe gibt.

Die Demokratisierung des DJ’ings und ihre Kinder

„In den frühen 1970ern“, so schreibt Didi Neidhart in einem schönen Artikel über den 12″-Erfinder Tom Moulton, „war DJ-Arbeit eine verdammt harte Knochenarbeit. Die Breaks und Breakbeats mussten mit steinzeitlichen Schallplattenspielern abenteuerlich aneinandergereiht werden (funktionierte das mal nicht, war die Tanzfläche gleich wieder leer) oder wurden (in ebenso mühseliger Schneide- und Klebe-Arbeit) zu Hause mittels Tonbändern manuell zusammengeschnitten.“

Leere Tanzflächen gehören auch heute noch zu den DJ-Problemen, aber die Art des Auflegens hat sich doch grundlegend verändert. Nicht nur der Zugang zu auflegekompatibler Clubmusik hat sich dank Beatport, Youtube und Konsorten demokratisiert, sogar das eigentliche Kunststück, nämlich eine bewusst ausgewählte Selektion von Stücken in einen fließenden Mix zu bringen, ist heute keine Fertigkeit mehr, die man sich zu Hause hart erarbeiten und für den Clubeinsatz erproben muss. DJ-Software wie Traktor erledigt das Angleichen und Ineinandermixen für einen mit, man braucht nur noch seine Playlist zusammenstellen und die Tracks nacheinander abfeueren. Fragt sich nur, ob man dann überhaupt noch von einem „DJ“ sprechen kann?

Seit nicht allzu langer Zeit ist es zudem auch gar nicht mehr notwendig, Musik physisch in Form von Platten, CD’s oder auf der Festplatte gespeichert zu besitzen: In der Youtube-Disko stellt man seine gewünschtes Playlist ganz einfach aus dem gesamten Youtube-Archiv zur Verfügung stehenden Tracks zusammen. Zwar ohne Pitch-, geschweigedenn einer Sync-Funktion, aber auch das ist sicher nur eine Frage der Zeit.

Mein (mehr als pauschaler) Eindruck jedoch – und das ist auch das Widersprüchliche an der ganzen Sache – ist keinesfalls der, dass heute generell mehr Wert auf Dramaturgie und eine interessante Playlist gelegt wird, wozu – gerade mit Traktor und dergleichen – nun eigentlich die Zeit vorhanden wäre. Stattdessen hören sich so viele Sets so derart ähnlich an, dass ich manchmal schon, ganz heimlich und in meinen niedersten Momenten, den Gedanken von einer Nivellierung der Playlisten mit mir herumtrug.

Und noch ein Punkt, wenn wir gerade schon am Meckern sind. Ich hab mir letztens ein sehr sehenswertes Interview mit dem Funktion One Bauer Tony Andrews angeschaut. Man muss natürlich vorausschicken, dass der Mann von Berufs Wegen ein audiophiler Nerd ist, seinen Job sehr ernst nimmt und allein schon aus marketingtechnischen Gründen auf hohe Klangqualität bedacht ist. So oder so, seine Position ist kurz gefasst die, dass mp3’s, egal wie hoch die Bitrate ist, einfach ungeeignet für den Clubeinsatz sind und auch nicht gut für Ohren; auf den meisten Club-Boxen hört man das allerdings kaum, weil die eh so undifferenziert scheppern. Auch wenn der Typ erster Linie Werbung für seine eigenen Boxen macht und Soundqualität ein ganz eigenes Kapitel wäre, so hinterlassen seine Aussagen vor allem im Zusammenhang mit der Youtube-Disko bei mir ein ziemlich mulmiges, kulturpessimistisches Gefühl.

Vielleicht nehm ich das Ganze auch zu ernst und eigentlich ist alles fein – aber ihr wisst ja: there’s no business like show business…