Dies ist ein Post zu meinem Forschungsblog „OpenVG“. Das Blog begleitet und dokumentiert ein Forschungsprojekt, das ich 2018/19 im Rahmen des Fellowshops „Freies Wissen“ durchführe.
7. Dezember 2018
Um mir einen grundlegenden Eindruck von der Organisationsform VG zu verschaffen, habe ich eine Übersicht deutscher VGen angelegt. Diese Liste baut auf der Übersicht des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) auf, die VGen in Deutschland zulässt und kontrolliert.
Eine Besonderheit der Organisationsform VG besteht darin, dass es sich im Grunde um monopolistische Organisationen handelt, die sich auf einen Spezialbereich kollektiver Rechtewahrnehmung konzentrieren. Dies zeigt sich im Bereich der Musik beispielsweise an der Aufteilung von Urheber- und Leistungsschutzrechten, die in Deutschland durch die GEMA bzw. GVL vorgenommen werden. Daneben gibt es die GWVR, die sich um die Wahrnehmung von Veranstaltungsrechten kümmert. Es ist daher für Kreative möglich (und in vielen Fällen auch sehr sinnvoll!), Mitglied mehrerer VGen zu sein.
Die Funktion einer VG besteht im Wesentlichen darin, die Rechte von Urheber:innen kollektiv wahrzunehmen. Das meint vor allem urheberrechtliche Schutzrechte. Produziert man also Werke im Sinne des Urheberrechts, kann man eine VG per Wahrnehmungsvertrag damit beauftragen, eine Beteiligung an einer Werknutzung zu erhalten.
Hat man beispielsweise ein Stück geschrieben, das im Radio läuft, fallen für den Sender Lizenzkosten an, die die GEMA treuhändisch eintreibt und nach Abzug eines Verwaltungsbetrags an die jeweiligen Urheber:innen wieder ausschüttet. Eine VG ist aus diesem Grund heraus immer eine Interessensgemeinschaft: Je mehr Mitglieder eine VG hat und je stringenter ihre Organisation ist, desto besser ist ihre Verhandlungsposition gegenüber den Lizenznehmer:innen (im Beispiel: Radio- und Sendeunternehmen), was wiederum den Urheber:innen zu Gute kommt.
Das ist freilich eine stark vereinfachte Darstellung. Das Aufgabenspektrum und die Struktur einer VG ist in der Regel weitaus komplizierter; gerade wegen der Verteilungsschlüssel, nach denen eine VG ausschüttet, gibt es daher regelmäßig Streit. Und wegen der monopolistischen Situation, in der die Pfründe verteilt sind, gibt es bei vielen VGen Informationsklüfte, denen die VGen mit Öffentlichkeitsarbeit versuchen entgegenzuwirken. Um beispielsweise ihre Aufgabe einem breiten Publikum zu erklären, hat die GEMA vor ein paar Jahren einen Imagefilm produziert, der auch auf den Gründungsmythos der SACEM (sog. „Zuckerwasserprozess“) Bezug nimmt.
VGen unterstehen in Deutschland allesamt dem DPMA. Ihre Arbeit können VGen in Deutschland erst aufnehmen, wenn sie die vergleichsweise hohen Hürden des DPMA-Zulassungsverfahrens erfolgreich absolviert haben. Das 2016 in Kraft getretene, neue Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) legt daher auch besondere Transparenzregelungen fest. Jede VG wird dazu verpflichtet, jährlich einen Transparenzbericht zu veröffentlichen, in dem unter anderem Einnahmen und Ausgaben dokumentiert und öffentlich einsehbar sind.
Die folgende Tabelle stellt eine Übersicht dar, in dem auch das Haushaltsvolumen der jeweiligen VGen aufgeführt ist. Die Informationen sind dem Jahresbericht 2017 des DPMA entnommen (hier S. 50/51). Noch konnte ich nicht alle Informationen recherchieren, aber ich werde sie im Laufe meiner Forschung kontinuierlich ergänzen.
Kürzel | Name | gegründet/ zugelassen | Mitglieder | Mitglieder-Info | Haushaltsvolumen 2016 in EUR (Quelle: DPMA) |
GEMA | Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, rechtsfähiger Verein kraft Verleihung | 1902 | 72.518 | Stand: 2017, Jahrbuch S. 40 | 1.024.350.000 |
GVL | Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH | 1959 | 154.289 | davon ca. 140.000 Künstler und 10.000 Tonträgerhersteller | 271.733.000 |
VG WORT | Verwertungsgesellschaft WORT, rechtsfähiger Verein kraft Verleihung | 1958 | 550.342 | Stand: 2017, Geschäftsbericht | 188.275.000 |
VG Bild-Kunst | Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, rechtsfähiger Verein kraft Verleihung | 1968 | 56.000 | Stand: unklar | 70.943.000 |
VG Media | Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Sendeunternehmen und Presseverlegern mbH | 1997 | 35.000 | Stand: unklar | 43.276.000 |
AGICOA | AGICOA Urheberrechtsschutz-Gesellschaft mbH | 1981 | 12.944 | Stand: 2012 | 21.315.000 |
VFF | Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH | aktuell unklar | „Berechtigte der VFF sind die deutschen Auftragsproduzenten sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, die Werbetöchter der ARD und private Fernsehveranstalter, u.a. RTL, Sport1, VOX, RTL II und einige regionale Fernsehveranstalter.“ | 19.481.000 | |
GWFF | Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten mbH | 1982 | aktuell unklar | 11.985.000 | |
VGF | Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH | 1981 | aktuell unklar | 6.535.000 | |
VG Musikedition | Verwertungsgesellschaft Musikedition, rechtsfähiger Verein kraft Verleihung | 1966 | aktuell unklar | 5.812.000 | |
GÜFA | Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten mbH | 1976 | aktuell unklar | 4.001.000 | |
TWF | Treuhandgesellschaft Werbefilm mbH | 2008 | aktuell unklar | 848.000 | |
C3S | Cultural Commons Collecting Society SCE mit beschränkter Haftung (C3S SCE) | 2018 | aktuell unklar | 0 | |
GWVR | Gesellschaft zur Wahrnehmung von Veranstalterrechten mbH | 2014 | aktuell unklar | 0 |